Mai 2017

Bildung verleiht Flügel - 110 Jahre Förderung von Frauenstudien

Hildegardis-Verein feiert seinen Gründungstag am 17. Mai 1907

Bonn, 17.05.2017. Heute vor einhundertzehn Jahren haben engagierte Katholikinnen den „Verein zur Förderung von katholischen Studentinnen“ aus der Taufe gehoben. Was im kleinen Kreis begann, entwickelte sich bald unter dem Namen „Hildegardis-Verein“ zu einer Einrichtung, die katholischen Studentinnen aus ganz Deutschland die finanziellen Voraussetzungen für ein Studium bot. Damals war der Hildegardis-Verein die erste Studienförderung für katholische Frauen, heute ist er der älteste Verein zur Förderung von Frauenstudien in Deutschland.


„Unsere Vereinsgründerinnen haben damals mit großem Weitblick erkannt, dass zur Förderung des Frauenstudiums nicht nur die rechtlichen Rahmen-bedingungen, sondern auch die finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden müssen“, stellt Prof. Dr. Gisela Muschiol, seit 2003 Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, fest. „Sie haben eine beeindruckende Tatkraft entwickelt und mit Hilfe gesellschaftlicher Netzwerke in ganz Deutschland Gelder eingeworben, um ein System zinsloser Darlehen für Studentinnen aufzubauen. Dass sie dies vorausschauend bereits ein Jahr vor der Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium in Preußen im Jahre 1908 taten, hat mich bewogen, diesem Verein beizutreten“, so Gisela Muschiol, Professorin für Kirchengeschichte an der Universität Bonn.


Bis heute sind zinslose Studiendarlehen das zentrale Förderangebot des Hildegardis-Vereins, der sich an Studentinnen richtet, die bereit sind, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und die sich mit ihrem
christlichen Glauben aktiv auseinandersetzen. Der Verein fördert christliche Frauen aller Fachrichtungen ohne Altersbeschränkung − bei Erst- oder Zweitstudien, bei beruflichen Aus- und Weiterbildungen sowie Zusatzqualifikationen.
In der Geschichte des Vereins haben die Verantwortlichen die Förderangebote immer wieder den aktuellen Erfordernissen angepasst. Neben der reinen Studienfinanzierung haben in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mehr als 100 Ortsgruppen mit ca. 3.500 Mitgliedern die Studentinnen persönlich vor Ort begleitet. In Kriegs- und Krisenzeiten gehörten auch die Vermittlung von Ferienaufenthalten oder Brennholzspenden zu den Aufgaben des Vereins. Nach dem 2. Weltkrieg wurden in den Jahren 1953/54 Ford-Stipendien an Studentinnen aus dem Kreis der Flüchtlinge und Vertriebenen vergeben. Ende der 50er Jahre und zu Beginn der 60er reagierte der Verein mit dem Bau von Studentinnenwohnheimen auf die Wohnungsnot. In den 80er Jahren wurde die Zusammenarbeit mit den katholischen Hochschulgemeinden intensiv ausgebaut.


Trotz zweier Weltkriege, Inflation, Materialknappheit und der mehrmaligen kriegsbedingten Vernichtung der Akten und Schuldscheine gelang es den Frauen des Hildegardis-Vereins dank vielfältiger Spendenaktionen im In- und Ausland, dank der Unterstützung seiner Mitglieder mit teilweise beträchtlichen Jahresbeiträgen und nicht zuletzt dank einer Erbschaft, das Darlehenssystem bis heute aufrechtzuerhalten. Der Verein hat seit seiner Gründung mehr als 1350 Frauen gefördert.
Neben der finanziellen Förderung und formalen Qualifizierung bietet der Hildegardis-Verein seit einer Dekade zunehmend ideelle Förderung an durch Mentoringprogramme und Netzwerkangebote. „Unsere stärkenorientierten Mentoring-Programme zeigen die persönliche Entwicklung und der berufliche Erfolg von Frauen kann insbesondere durch persönliche Begleitung und Beratung sowie die Ermutigung, Verantwortung zu übernehmen, gefördert werden“, so Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof, stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins. Zwischen 2008 und 2013 entwickelte der Verein das bundesweit erste Mentoring-Projekte für behinderte Studentinnen, das als Modell mehrfach ausgezeichnet wurde, u. a. als Ort im Land der Ideen 2010. Darauf folgte das modellhafte Tandemprojekt „Lebensweg inklusive“. Seit 2015 führt der Verein in Kooperation mit der Deutschen Bischofskonferenz und derzeit 14 deutschen Bistümern das Mentoring-Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ zur Steigerung des Anteils von Frauen in Führungspositionen in der katholischen Kirche durch. Dieses Programm begleitet die Bistümer in ihrem Anliegen, Frauen zu ermutigen, Leitungspositionen in der Kirche wahrzunehmen, und macht Frauen in der Kirche in Leitung und auf dem Weg dorthin sichtbar.


„Aktuelle Herausforderungen bleiben“, so Kreuter-Kirchhof, „vor allem in der Förderung von alleinerziehenden Studentinnen mit Kind und von geflüchteten Frauen, die in Deutschland Bildungsvorhaben neu aufnehmen möchten. Lebenslanges Lernen braucht neue Strukturen und neue Förderinstrumente. Hierzu will der Hildegardis-Verein auch weiterhin seinen Beitrag leisten.“

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Der Hildegardis-Verein wurde am 17. Mai 1907 zur Förderung von Frauenstudien gegründet und setzt sich seitdem für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von Frauenstudien an deutschen Hochschulen und Fachhochschulen ein. Mit zinslosen Studiendarlehen fördert er christliche Frauen aller Alters- und Berufsgruppen im Studium und in der Ausbildung. Durch innovative und zielgruppenspezifische Mentoring- und Tandemprogramm fördert der Hildegardis-Verein die Qualifizierung und Vernetzung von Frauen und begleitet sie lebenswegorientiert in Wissenschaft, Politik und Kirche. www.hildegardis-verein.de, www.kirche-im-mentoring.de, www.lebensweg-inklusive.de.