Dezember 2021

Einstieg – Aufstieg – Umstieg für Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung im Arbeitsleben

Akademiker*innen mit Behinderung erzählen bei Netzwerkevent von myAbility und iXNet-Mentoring aus ihrem Arbeitsleben

Zoom-Bildschirm mit sieben Frauen und einem Mann.

Bonn/Wien 16.12.2021. Wie sieht es im deutschsprachigen Raum beim Thema Inklusion im Arbeitsleben aus? Sechs Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung haben am Donnerstag vor 150 Zuhörer*innen ihre Geschichten erzählt: vom Berufseinstieg nach Studium und/oder Ausbildung, dem Karriereaufbau im großen Unternehmen, ihrer Situation als Frau mit Behinderung, von mehreren Jobwechseln und dem Wiedereinstieg nach längerer Pause sowie vom Sprung in die Selbstständigkeit. Das Webinar „The Story of my Inclusive Work Life. Einstieg – Aufstieg – Umstieg für Menschen mit Behinderungen und chronischer Erkrankung im Arbeitsleben“ wurde vom Hildegardis-Vereins e.V. (Bonn) und myAbility Social Enterprise GmbH (Wien) angeboten.

„Die große Anzahl an Teilnehmenden zeigt, wie viele Akademiker*innen mit Behinderung in den Startlöchern stehen, um in Berufe einzusteigen, die ihrer hohen Qualifikation entsprechen,“ sagte die stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Dr. Hannah Schepers. „Die Gäste waren zumeist Young- oder Not-so-Young-Professionals, also sehr gut ausgebildete Menschen mit Beeinträchtigung, die sich im Arbeitsleben weiterentwickeln möchten,“ so Schepers. Stefanie Kirwald, Operations Managerin beim im gesamten deutschsprachigen Raum aktiven Sozialunternehmen myAbility, freut sich über die gelungene Zusammenarbeit mit dem in Deutschland tätigen Hildegardis-Verein: „Was uns eint, ist der Einsatz für eine chancengerechte und barrierefreie Gesellschaft, insbesondere mit Blick auf Inklusion im Arbeitsleben.“

Klugheit, Engagement und Power

„Ich bin geflasht von dem Ausmaß an Klugheit, Engagement und Power, die mir aus den Lebensgeschichten der sechs Storyteller*innen entgegenkam“, zeigte sich Moderatorin Dr. Annette Standop begeistert. Im Anschluss an das Storytelling-Webinar tauschten sich die die Teilnehmenden in kleinen Online-Meetings mit den Storyteller*innen zu ihren jeweiligen Berichten aus. Sie sprachen u.a. über praktische Fragestellungen zu Bewerbung und Karriereplanung im Berufsleben sowie über die Bedeutung von stärkenorientiertem Denken und Empowerment.

"Die Geschichten haben uns wieder einmal in der Überzeugung bestätigt, dass Mentoring und maßgeschneiderte Unterstützung effektiv und ermutigend sind und dazu beitragen, dass – nicht nur – Menschen mit Behinderung ihr Potenziale frei entfalten können,” so Schepers vom Hildegardis-Verein.

Mit Mut ins Studium trotz Corona

Erster Chancentag für Mädchen und junge Frauen durchgeführt – Spendenaufruf für weitere Chancentage des Hildegardis-Vereins

17 Zoom-Kacheln mit jungen Frauen.

Bonn 13.12.2021 Mit Empowerment-Trainings, studienbezogenen Speeddatings und dem Erzählen von Geschichten des Scheiterns und Neuanfangs begleitet der Hildegardis-Verein junge Frauen durch die Covid-19-Pandemie und macht ihnen Mut. Am Wochenende fand der erste Chancentag des spendenfinanzierten Projekts Women4Youth statt. Unter dem Motto „Studyconnect: Mit Mut ins Studium trotz Corona“ richtete er sich an Schülerinnen der Abschlussklassen und Frauen im Gap-Year zwischen Schule und Studium. An dem digitalen Angebot nahmen unter anderem auch Frauen aus den USA und Brasilien teil.

„Die Schülerinnen und Studentinnen sind ermutigt und gestärkt aus diesem Chancentag herausgekommen“, freut sich Dr. Hannah Schepers, die stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins. Die drastischen Auswirkungen der Pandemie wie Vereinsamung, psychische Erkrankungen und Zukunftsängste seien genauso benannt worden wie Lösungsvorschläge für einen guten Studienstart trotz aller Umstände. „Es geht um existenzielle Zukunftsfragen der Schülerinnen. Der erste Chancentag hat uns gezeigt, wie wichtig unser Angebot für Mädchen und junge Frauen ist,“ so Schepers.

Studien zeigen die Dringlichkeit zum Handeln deutlich: Mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen geht davon aus, durch die Pandemie Nachteile im Berufsleben zu haben (Studie „Generation Corona“ der pronova BKK). Die Lebenszufriedenheit des Abiturjahrgangs 2020 ist stark gesunken, vor allem von denen, die bis Jahresende keinen Bildungsweg eingeschlagen haben und sich in einem Überbrückungsjahr befinden (Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung [IAB]). Dieser Einbruch sei untypisch für junge Menschen und entspreche „dem drastischen Rückgang der Lebenszufriedenheit in Kriegsgebieten“, so die IAB-Forscher.

Einsamkeit im Online-Semester, nicht bestandene Prüfungen und Praktika

Eine dieser von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie betroffenen jungen Frauen ist die 18-jährige Theresia Michel. Sie erzählte beim Chancentag in ihrer „Fuck-Up-Story“, wie im Wintersemester 2020/2021 ihr Lebenstraum geplatzt ist. Nachdem sie trotz des ersten Lockdowns ihr Abitur und die Aufnahme in den Studiengang Biochemie bestens geschafft hatte, schaffte das erste Semester in einer neuen Stadt sie. Sie saß allein in ihrem Zimmer vor dem Laptop; selbst die Gruppenübungen gab es nur online, begleitet von technischen Pannen. Auch im Labor stand jede*r isoliert am eigenen Tisch. „Es gab sehr viel Stoff, alles war neu, ich hätte die Gruppe dazu gebraucht, aber das war total schwierig,“ erzählt sie.

„Wenn ich mich mit anderen hätte verabreden können, hätte ich vielleicht erfahren, dass es vielen so geht wie mir“, sagt sie. Irgendwann machten Körper und Psyche nicht mehr mit und Theresia Michel entschied sich für einen Fachwechsel und studiert nun Anglistik und Politikwissenschaft. Sie hielt viele wichtige Tipps für den Studieneinstieg bereit – sowohl online als auch in Präsenz. Weitere Studentinnen erzählen von schlecht gelaufenen Praktika, vom Stress durch Termindruck, nicht bestandenen Prüfungen und dem Umgang damit. Auf die individuellen Speeddatings folgten Empowerment-Trainings zu den Themen „Volle Kraft voraus in Deine Zukunft“ und „Benutze deine Stimme“. Am Ende fasst eine Schülerin es so zusammen: „Ich fühle mich durch diesen Chancentag gut informiert und sehr erleichtert.“

Weitere Chancentage sollen im Jahr 2022 folgen und sich auch an weitere Zielgruppen richten, beispielsweise junge Mütter und Berufstätige. Dafür ist das Projekt Women4Youth auf Spenden angewiesen. Auf der Webseite www.women4youth.de gibt es Informationen zu den geplanten Maßnahmen. Wer mit einer Spende ermöglichen möchte, dass Berufsorientierungs- und Chancentage, Patinnen-Programme und Ferienangebote für möglichst viele junge Frauen stattfinden können, kann unter der Angabe „Projekt Women4Youth“ spenden an: Hildegardis-Verein e.V., IBAN: DE06 3702 0500 0001 7791 01, BIC: BFSWDE33XXX.
„Women4Youth“ ist ein gemeinsames Projekt von IN VIA Deutschland, dem Hildegardis-Verein e.V. und dem Katholischen Deutschen Frauenbund e.V. (KDFB).