Februar 2022
Tipps von der Caritas-Präsidentin für Frauen in Führung
Teilnehmerinnen von „Kirche im Mentoring“ treffen Eva Welskop-Deffaa zum digitalen Gespräch
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes Eva Maria Welskop-Deffaa hat Frauen des Mentoring-Programms „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ des Hildegardis-Vereins (folgend KiM) Tipps für ihr Berufsleben innerhalb der Kirche gegeben. Ziel des Mentoring-Programms ist, Frauen zu ermutigen und zu qualifizieren, um Leitungsfunktionen innerhalb der katholischen Kirche wahrzunehmen. Jeder Teilnehmerin steht hierfür eine Mentorin bzw. Mentor zur Seite. Des Weiteren treffen sie sich regelmäßig mit anderen Mentees aus der Region in den sogenannten Intervisionsgruppen zum Austausch. Weitere Ziele sind vor allem das Sichtbarwerden sowie die Vernetzung der Teilnehmerinnen.
Sechs Teilnehmerinnen der Intervisionsgruppe Süd-Mitte-Ost nahm diese Zielsetzungen als Anlass, Eva Welskop-Deffaa, die seit November 2021 als erste Frau das Präsidentenamt des Deutschen Caritasverbandes innehat, zu einem gemeinsamen Gespräch einzuladen und von ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz als Frau in Führungsposition in einem überwiegend männlich besetzten Arbeitsumfeld zu partizipieren. Das Gespräch fand Ende Januar digital statt.
Zwei wesentliche Fragen, die die KiM-Teilnehmerinnen beschäftigten, waren, wie aus Welskop-Deffaa die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes wurde und welche Motivation sie antreibt. Deutlich wurde hier, dass sowohl die eigene Biografie, der Rückhalt des Partners und der Familie, ihre Erfahrungen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit sowie des sozialen Netzwerkes als auch die Förderung, Unterstützung und Ermutigung durch Dritte ihren beruflichen Werdegang maßgeblich beeinflusst haben. Ihr Netzwerk aus gelebter Frauensolidarität, das Vertrauen in die eigene Stärke, der familiäre Rückhalt sowie das persönliche Wachsen an beruflichen Herausforderungen, haben Welskop-Deffaa zu der Frau gemacht, die sie heute ist.
Vorsicht bei Führung in Teilzeit
Als Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes treibe sie vor allem die hohe Übereinstimmung zwischen den Werten ihres Arbeitsumfelds und der eigenen Haltung an sowie die Chance, eine wichtige sozialpolitische Stimme sein zu können. Eine repräsentative Demokratie lebe von Vielfalt – weshalb es für Welskop-Deffaa wichtig ist, nah an den Verbänden zu sein und die problematischen Themen auf Bundesebene kritisch formulieren zu können. Die KiM-Teilnehmerinnen ermunterte Welskop-Deffaa damit, dass „Politik“ sich lernen lasse und man diese als Führungskraft auch lernen muss. Dabei sei es förderlich, wenn hier unterstützende Personen zur Seite stehen.
Als Frauen in unterer und mittlerer Führungsposition in den Einrichtungen der katholischen Kirche beschäftigte die KiM-Teilnehmerinnen auch die Fragen nach Führung in Teilzeit, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den besonderen Herausforderungen, die Welskop-Deffaa als Frau in Führung erlebt.
Für Welskop-Deffaa gehören zu einem gelingenden Leben die Balance von Beruf und privaten Beziehungen zusammen, ein Entweder-Oder habe es für sie nie gegeben – wobei die Unterstützung durch Partner und Familie wesentlich zur beruflichen Verwirklichung beigetragen habe. Mit Fragen bedachte sie die Praxistauglichkeit von Führung in Teilzeit ab bestimmten Positionen – der Maßstab, an dem sich die Leitungskraft in Teilzeit messen lassen müsse, sei oft der, den eine Vollzeitkraft in Vollzeitpräsenz erbringt. Letztlich können die Führungsaufgabe in Teilzeit zu einer Überforderung führen beziehungsweise dazu, dass mehr gearbeitet werde, als bezahlt würde. Führung in Teilzeit im Rahmen von Vereinbarkeit von Familie und beruflicher Weiterentwicklung sei aber ein wichtiges Instrument, um gestärkt in höhere Leitungspositionen gehen zu können.
Weibliche Leitungskräfte wachsen nicht „automatisch“ von der Basis aus nach
Bereits auf den unteren und mittleren Führungspositionen komme es zu einer Auseinandersetzung mit den Fragen rund um die Bedienung weiblicher Stereotype sowie der Erfahrung, dass die eigene Ansicht in einem männlich dominierten Umfeld häufig unmittelbar als Eigenschaft des weiblichen Geschlechts zugeschrieben und erlebt werden. Auch nach vielen Jahren der Berufserfahrung und Arbeiten in männlichen dominierten Arbeitsumfeldern müsse sie sich damit auseinandersetzen, so Welskop-Deffaa.
Kritisch sieht sie die Hoffnung, dass weibliche Leitungskräfte „automatisch“ von der Basis aus nachwachsen. Es seien schon lange überwiegend Frauen, die an der Basis der Sozialen Arbeit und Pflege arbeiten – dennoch sind Leitungsfunktionen gerade auf mittlerer und hoher Leitungsebene weiterhin zum Großteil männlich besetzt. Das habe sich in den letzten Jahren zwar etwas verändert, da in den Diözesen zunehmend auch Frauen Positionen der Geschäftsführung bzw. Caritasdirektorin wahrnehmen – dennoch bedarf es an dieser Stelle weiterer Förderung, Vernetzung und Ermutigung.
Die KiM-Teilnehmerinnen der Intervisionsgruppe Süd-Mitte-Ost bedanken sich herzlich bei Frau Welskop-Deffaa für das anregende, offene und kritische zweistündige Gespräch und nehmen für sich mit:
- Seid euch eurer eigenen Kompetenzen, Fähigkeiten und Stärken bewusst und vertraut diesen.
- Zieht eure Stärke nicht nur aus dem Beruf, sondern auch aus Familie, ehrenamtlichem Engagement und sozialen Netzwerken.
- Solidarisiert und stärkt euch gegenseitig und nehmt die Unterstützung und Förderung von außen an.
- Traut euch, Frauen in Führungspositionen zu kontaktieren und um ein Gespräch zu bitten. Sie sind beruflich auch so erfolgreich, weil sie bereit sind ihre Erfahrungen zu teilen und Wert auf Partizipation legen.
- Seid euch der Herausforderungen des derzeit noch männlich dominierten Arbeitsumfeldes auf Leitungsebene in der katholischen Kirche bewusst und verändert dies von innen heraus.
- Engagiert euch politisch und bleibt kritisch.
Autorin: Julika Hahn
Auf dem Bild:
Oben (von links nach rechts): Eva Pscheidl (OKCV Würzburg); Julika Hahn (BCV Limburg), Eva Maria Welskop-Deffaa (Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes)
Unten (von links nach rechts): Stephanie Schnorr (BCV Limburg); Sandra Schröder (BCV Berlin-Brandenburg); Ramona Seifert (Pfarreien Meißen & Riesa); Ann-Catherin Gerber (Missio München)