Juni 2017
"Alles bewegt sich!"
Abschlusstagung des ersten Mentoring-Programms zur Steigerung des Frauenanteils in kirchlicher Führung
Frauen in kirchliche Leitung zu berufen heißt, ihr vielfältiges Potenzial im Sinne der Kirche und für die Kirche zu nutzen - das war das Fazit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweitägigen Abschlussveranstaltung des 1. Zyklus von „Kirche im Mentoring: Frauen steigen auf“ in München. „Die Erfahrungen der vergangenen 12 Monate haben uns gezeigt: Wenn sich die Einzelne verändert und weiter entwickelt, kann Neues entstehen, können sich starre Strukturen wandeln und den Herausforderungen der Zeit anpassen“, so Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof, stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, der das Projekt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und den deutschen Diözesen durchführt. „Das ist ein ermutigendes Zeichen.“
Auch Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, zeigte sich beeindruckt und dankbar vom Mentoring-Programm. Eine Initiative, die so erfolgreich sei, brauche in jedem Fall eine Neuauflage. „Wir wären als Kirche verrückt, wenn wir auf die Begabung von Frauen verzichten würden“, so der Kardinal im Gespräch mit den 20 Mentees und 20 Mentor/innen. Bereits in seiner Predigt mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Mentoring-Programms betonte Kardinal Marx den Reichtum der verschiedenen Geschlechter. Gott habe Freude daran, dass es Frauen und Männer gebe. „Als Kirche und Gesellschaft haben wir nicht immer so gehandelt, wie es die Bibel sagt und Gott will: dass Frauen und Männer einander auf Augenhöhe begegnen. Hier brauchen wir einen neuen Aufbruch, auch in unserer Kirche.“
Bereits Papst Johannes XXIII. habe daran erinnert, dass es zu den Zeichen der Zeit gehöre, eine Gleichberechtigung der Geschlechter im Lichte des Evangeliums zu ermöglichen. „Wir sind da auf dem Weg, aber längst noch nicht am Ziel. Eine Ober- oder Unterordnung der Geschlechter ist nicht begründbar“, so der Kardinal. Jede Form der Frauenbenachteiligung sei nicht hinnehmbar und letztlich gegen den Willen Gottes gerichtet. Kardinal Marx warnte vor einer Verkürzung der so genannten Genderdebatte. „Was ist Frauen in der Geschichte und bis heute alles zugemutet worden, was wir heute bekämpfen müssen? Es braucht einen sichtbaren Einsatz für die Gleichberechtigung, dazu ermutigt schon die Heilige Schrift“, so der Kardinal. Das Mentoring-Programm in den deutschen Diözesen sei ein sichtbarer Schritt, der Mut mache. Es gelt die Herausforderung anzunehmen, in der Leitung der Kirche sensibel zu sein für ein Miteinander von Frauen und Männern, für ein Verständnis zwischen den Geschlechtern und letztlich auch in der Frage nach Leitungsverantwortung in der Kirche, betonte Kardinal Marx.
Die 20 Mentees und ihre 20 Mentorinnen und Mentoren des 1. Zyklus des ersten bundesweiten Mentoring-Programms zur Steigerung des Anteils von Frauen in Leitungspositionen in der katholischen Kirche waren im Kardinal Wendel Haus in München zusammen gekommen, um die Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie in den vergangenen 12 Monaten gesammelt haben, zu resümieren. „Die Zusammenarbeit mit meiner Mentorin hat mir gezeigt: wenn ich mich wandele, wandelt sich auch meine Umwelt“, so eine Mentee. „Und wenn ich Vertrauen in mich setze, tun das auch andere.“
Die Präsentation der Projekte, die die Mentees im Laufe des Mentoring-Jahres konzipiert und mit Unterstützung ihrer Mentor/innen durchführt hatten, am Ende des ersten Veranstaltungstages, „verdeutlichte auf besonders eindrucksvolle Weise welche Innovationskraft der Kirche zur Verfügung steht“, kommentierte Prof. Dr. Gisela Muschiol, Vorsitzende des Hildegardis-Vereins. So organisierte eine Mentee ein Weiterbildungsangebot für ehrenamtliche Mitarbeiter/innen in der Jugendseelsorge, eine andere einen regelmäßigen Wochenmarkt, der in Zukunft von Ehrenamtlichen weitergeführt wird, wieder eine andere Mentee stellte ihr Ausstellungsprojekt mit Müttern tot geborener Kinder vor.
Das Seminar stand unter dem inhaltlichen Schwerpunkt „Führen in der Kirche“. Für die Mentees sowie ihre Mentorinnen und Mentoren bot die Veranstaltung auch die Gelegenheit, die Wirkungen zu reflektieren, die das Mentoring in Auseinandersetzung mit Führungsvorbildern und Führungsqualitäten angestoßen hat. Zu Ende der Veranstaltung erhielten die Mentees von Prof. Dr. Muschiol in einer feierliche Zeremonie ein Abschluss-Zertifikat. Sie bleiben Teil des wachsenden Netzwerks von „Kirche im Mentoring“, denn das erfolgreiche Programm wird, dank der fortbestehenden Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz, zwei weitere Durchgänge erleben.
„Ich will leiten – in Verantwortung vor Gott und der Welt“
Preisgekröntes Frauen-Forum des Hildegardis-Vereins vernetzt Katholikinnen aus ganz Deutschland
„Generationenübergreifender Austausch und das Lernen von Vorbildern sind Schlüsselfaktoren, um Frauen zu ermutigen, ihren Weg in Führungspositionen zu gehen und zu finden“, so das Fazit von Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof, stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, zum ersten bundesweiten Frauen-Forum am 16./17. Juni in Bonn. Deshalb sei es ganz besonders wichtig, Netzwerke für Frauen in Führung und auf dem Weg dahin aufzubauen. Das Frauen-Forum habe dazu einen wichtigen ersten Schritt geleistet. Mehr als 120 Katholikinnen aus ganz Deutschland kamen im Tagungs- und Gästehaus des CJD in Bonn Castell zum Aufbau eines bundesweiten Netzwerks zusammen. Die Resonanz auf die Veranstaltung hat vor allem aber auch gezeigt, dass sich das Engagement lohnt: „Und Frauen wollen leiten – der Mut und die Zielstrebigkeit der Teilnehmerinnen war sehr beeindruckend.“, so Kreuter-Kirchhof.
Das zweitägige Treffen bot ein vielfältiges Programm (siehe Anlage): Nach der Begrüßung durch die stellvertretende Vorsitzende trugen Prof. Dr. Georg Braungart, Leiter des Cusanuswerks, und Petra Dankova, Vertreterin der internationalen Fraueninitiative „Voices of Faith“, ihre Grußbotschaften vor. Im Anschluss sprach die Bonner CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Generalsekretärin des Cusanuswerks, Dr. Claudia-Lücking-Michel, zum Thema „Wie will ich leiten – in Verantwortung vor Gott und der Welt“. „Leitung ist Arbeit […], das muss man wollen und dazu muss man raus aus der Komfortzone“ gab sie den Teilnehmenden zu bedenken. Wichtig sei es, sich zu fragen „mit welchen Werten will ich führen? Woran orientiere ich mich?“ und die Überzeugung zu leben, „wenn der Weg zum Ziel ein guter sein soll, geht das nur mit Wertschätzung und gegenseitigem Respekt.“
Die anschließende Diskussion mit dem Ehrengast Dr. Dorothee Wilms, Bundesministerin a.D., beschäftigte sich mit der großen Bedeutung von Rollenvorbildern.
Am folgenden Tag widmete sich ein Themen-Café dem Komplex „Frauen in Führung“: hier tauschten sich die Teilnehmenden unter Anleitung von neun Impulsgeber/innen aus unterschiedlichen Berufsfeldern über solche Fragestellungen wie „Frauen in Verantwortung! Führungskultur in der Bundeswehr“ (Oberst i.G. Dr. Burkhart Köster), „Diversität als Schlüssel zu einer erfolgreichen Führungskultur“ (Silke Schönfleisch-Backofen) und „Leitung in Frauen-Orden als Führungsmodell für heute“ (Sr. Christophera Janssen und Sr. Dr. Maura Zátony) aus.
In einem Vortrag mit dem Titel „Führungsaufträge für Staat, Kirche und Wirtschaft“ betonte Eva Welskop-Defaa, Vorstand Sozial- und Fachpolitik des Deutschen Caritasverbandes und stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins von 2003 bis 2014. „Wir sind in einer Übergangsphase hin zu einen neuen Führungsparadigma in allen Leitungsbereiche. ich bin überzeugt, dass es sich für Frauen lohnt, diese Veränderungen und Umstrukturierungen mitzugestalten! Erfolge sind möglich, wir müssen sie selber wahrnehmen und schaffen!“
Im Anschluss kamen die Gäste in der nahe gelegenen St. Franziskus-Kirche zu einem feierlichen Gottesdienst mit Dr. Siegfried Kleymann, geistlicher Leiter des Cusanuswerk, zusammen. „Der Gottesdienst war für uns ein ermutigender Abschluss dieser Tagung. Er bestärkt uns, weiter daran zu arbeiten, katholische Frauen in Leitung und auf dem Weg dorthin in Kirche und Gesellschaft sichtbar zu machen,“ so Brigit Mock, Geschäftsführerin des Hildegardis-Vereins. „
Für das generationenübergreifende Frauen-Forum erhielt der Hildegardis-Verein den im Jahr 2016 erstmals von der Bischöflichen Studienförderung „Cusanuswerk“ vergebenen „Ideenpreis“. Er wird an herausragende Initiativen vergeben, die sich das Ziel gesetzt haben, Potenziale christlicher Interaktion und Kooperation zu erschließen und die Vernetzung zwischen den ehemaligen und den derzeit geförderten Stipendiatinnen und Stipendiaten der Bischöflichen Studienförderung zu festigen und Verbindungen zu anderen Frauen-Netzwerken aufzubauen.