März 2022
"Vielfalt in Führung"
Online-Tagung über Diversität in Führungspositionen der Kirche
Bonn, 25.03.2022 Mehr Frauen, diversere Teams, attraktive Stellenausschreibungen für Leitungspositionen: Mit Lösungsansätzen für mehr „Vielfalt in Führung“ in kirchlichen Kontexten beschäftigten sich rund 80 Fachleute aus der Personal- und Organisationsentwicklung sowie Gleichstellungsbeauftragte von Bistümern, kirchlichen Verbänden und Einrichtungen. Sie stellten mit den Themen eine ausdrückliche Verbindung zu den Beratungen des Synodalen Weges her. Die heute (25. März 2022) endende zweitägige Online-Tagung „Vielfalt in Führung“ wurde veranstaltet von der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, dem Hildegardis-Verein, den Gleichstellungsbeauftragten der Bistümer und dem Katholisch-Sozialen Institut.
„Durch die beeindruckende und sehr erfolgreiche Kampagne #OutInChurch hat die Dringlichkeit des Themas der Vielfalt in der kirchlichen Dienstgemeinschaft ein Gesicht bzw. viele Gesichter bekommen,“ sagte die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Beate Gilles. Die Professionalität der Kampagne lasse ahnen, welches Potential in den kirchlichen Mitarbeitenden stecke und wie wichtig es sei, „dieses als Aktivposten zu sehen“. Einer der seidenen Fäden, an denen die Kirche hängt, sei die Frage: Gelingt es, zu zeigen, dass wir ernst machen mit der Beteiligung von Frauen in der Kirche? „Mein Traum ist, dass in den zukünftigen Bestenlisten der Top-Arbeitgeber die katholische Kirche eine größere Rolle spielt; ich bin gespannt auf die Strategien, die hier geboren werden“, so Gilles. Ein Workshop behandelte die Grundordnung des kirchlichen Dienstes für in der Kirche Beschäftigte, die aktuell von den Bischöfen überabeitet wird.
Der Vorsitzende der Unterkommission Frauen in Kirche und Gesellschaft der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Peter Kohlgraf, nannte in seinem Videostatement die Selbstverpflichtung der deutschen Bischöfe aus dem Jahr 2018, den Anteil von Frauen in kirchlichen Leitungspositionen auf „ein Drittel und mehr“ zu steigern als Hintergrund der Tagung. Frauen seien in Leitungspositionen in kirchlichen Organisationen nach wie vor nicht selbstverständlich und daher eine „produktive Störung“, unterstrich Referentin Dr. Andrea Qualbrink, Leiterin des Bereichs Pastoralentwicklung im Bistum Essen. „Die Störung tut den Systemen gut, verlangt aber den Frauen und den Organisationen etwas ab“, so Qualbrink. Innovation und Kreativität entstehe nicht automatisch durch die Integration einzelner Frauen auf den Leitungsebenen, sondern durch eine lernwillige Organisation, die unter anderem diskriminierungsanfällige Strukturen und Kulturen identifiziere und unterbinde.
Dr. Eva Voß, Head of Diversity, Inclusion and People Care bei BNP Paribas, erklärte, Organisationen müssten eine Vielfalt an Lebens- und Arbeitsmodellen spiegeln, um im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte bestehen zu können. Es brauche Führungskräfte, die sich und ihre unbewussten Wahrnehmungsverzerrungen reflektieren und Ambivalenzen aushalten können.
„Es ist unsere Überzeugung, dass christliche Identität in Vielfalt nicht durch ein sanktionierendes Arbeitsrecht, sondern durch die Gestaltung offener Dialogprozesse in der Organisation wachsen kann,“ sagte Dr. Dorothee Steiof vom Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Caritas orientiere sich an der christlichen Botschaft einer voraussetzungslosen Liebe Gottes, die allen Menschen gilt. „Menschen in ihren unterschiedlichen Religionen, Weltanschauungen, Lebensformen oder sexuellen Identitäten können Zeuginnen und Zeugen für diese Liebe sein.“ Bewusst und transparent gestaltete Vielfalt in kirchlichen Organisationen trage dazu bei, dass sich alle Mitarbeitenden willkommen fühlen und führe zu einer tieferen Identifikation mit dem Arbeitgeber, berichtete Steiof ihre Erfahrung.
In ihrem Referat erklärte Prof. i. R. Dr. Uta Meier-Gräwe den geringen Frauenanteil an Leitungspositionen in Deutschland mit „Unconscious Bias“ (unbewussten Vorurteilen) bei Führungskräften. Frauen hätten in den vergangenen beiden Jahrzehnten überproportional von der Bildungsexpansion in Deutschland profitiert, deshalb müsse ihr Know-how auf sämtlichen Führungsebenen zum Tragen kommen. „Das Argument ‚Wir finden keine geeignete Frau‘ hält heute keiner ernstzunehmenden Prüfung mehr stand“, sagte die Soziologin und Haushaltsökonomin. Frauen als Führungskräfte könnten aktiven Einfluss auf die Außendarstellung und familienfreundliche Arbeitsumgebung nehmen; diverse Führungsteams agierten sehr viel erfolgreicher. Die meisten Frauen scheiterten an der „gläsernen Decke“ als Folge des Prinzips, sich bevorzugt mit Seinesgleichen zu umgeben. Das Ziel von mehr Frauen in Führung sei „aufgrund der hinhaltenden Abwehr männlicher Entscheidungsträger derzeit nur durch Frauenquoten zu erreichen, ergänzt durch eine stärkere Selbstreflexion im Umgang mit unbewussten Vorurteilen oder Stereotypen“, so Meier-Gräwe, die Sachverständige für einen Familienbericht und zwei Gleichstellungsberichte der Bundesregierung war.
Die Veranstalterinnen zeigten sich zufrieden mit den Tagungsergebnissen. „Es gibt diese qualifizierten und hochmotivierten Frauen in der Kirche“, betonte Dr. Aurica Jax, Leiterin der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, und verwies auf das 2015 gestartete Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ als erfolgreichen Weg, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der katholischen Kirche zu erhöhen und zugleich Frauen in Führung zu vernetzen. Das in Kooperation von Deutscher Bischofskonferenz und dem Hildegardis-Verein getragene Mentoring-Programm sei ein „Modell für das Miteinander in der Kirche, wie wir es gegenwärtig auch auf dem Synodalen Weg erleben“, sagte die Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof. Beim virtuellen Kamingespräch diskutierten mit Dr. Beate Gilles, Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, dem Speyrer Generalvikar Andreas Sturm und der Leiterin der Hauptabteilung Pastoralpersonal der Diözese Aachen, Margherita Onorato-Simonis, vier namhafte kirchliche Führungskräfte die Frage, wie attraktiv Führung für Frauen in der katholischen Kirche ist.
Abschlusspublikation veröffentlicht
"Hochschule ohne Hindernisse. Aufgaben, Beispiele, Chancen"
Die drei Publikationen zum Abschluss des Projekts Fachkolleg "Inklusion an Hochschulen – gendergerecht" sind veröffentlicht. Wir stellen das Biografiezirkel-Handbuch, die Handlungsempfehlungen für gendergerechte und inklusive Hochschulen sowie die Abschlusspublikation "Hochschule ohne Hindernisse. Aufgaben, Beispiele, Chancen" online zur Verfügung.
- "Hochschule ohne Hindernisse. Aufgaben, Beispiele, Chancen. Erkenntnisse und Herausforderungen des Fachkollegs 'Inklusion an Hochschulen - gendergerecht'". Bonn, März 2022, 72 Seiten. Ein ausführliches Buch über Erkenntnisse und Herausforderungen des Fachkollegs, unter anderem mit Artikeln von Frauen mit Behinderung, die ihre Sicht auf gendergerechte Inklusion an Hochschulen teilen.
- "(In) Vielfalt studieren - Handlungsempfehlungen für eine gendergerechte und inklusive Lehr- und Lernkultur an Hochschulen". Bonn, Dezember 2021, 24 Seiten. Ein kurzes Paper mit Handlungsempfehlungen, für das wir uns eine große Leserschaft wünschen. Wenn Sie ein gedrucktes Exemplar weitergeben möchten, wenden Sie sich gern an uns.
- "Das Biografiezirkel-Handbuch. Handreichung für ehrenamtliche Moderatorinnen* - erprobt am Fachkolleg 'Inklusion an Hochschulen - gendergerecht'". Bonn, November 2021, 24 Seiten. Eine Handreichung, die Studentinnen* ermöglichen soll, Biografiezirkel zu organisieren und zu leiten.
Klicken Sie auf die Links, um die PDF-Version aufzurufen. Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre!
Mädchen und junge Frauen leiden besonders unter den Pandemiefolgen
Spendenkampagne Women4Youth für gezielte Angebote und Hilfen
Freiburg/Bonn/Köln, 07.03.2022. Die Kampagne Women4Youth unterstützt Mädchen und junge Frauen, die aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Belastungen den gesellschaftlichen Anschluss oder die berufliche Perspektive verloren haben.
Anlässlich des Internationalen Frauentags lenken die drei Projektinitiatorinnen IN VIA Deutschland, Hildegardis-Verein e.V. und Katholischer Deutscher Frauenbund e.V. (KDFB) den Blick auf diese jungen Frauen. „Frauensolidarität ist ein zentrales Thema im KDFB. Deshalb wollen wir junge Frauen unterstützen, denen Corona sehr zugesetzt hat und die nun neue Perspektiven für ihr Leben suchen. Sie brauchen Hilfe, damit wieder Normalität in Alltag und Arbeit einkehren kann“, so Maria Flachsbarth, KDFB-Präsidentin. Die drei Verbände fordern zudem die Politik auf, in der Pandemie ein stärkeres Augenmerk auf Mädchen und Frauen zu legen und endlich verlässliche Unterstützungs- und Beratungsangebote zu schaffen bzw. abzusichern.
Fast jede vierte junge Frau zwischen 16 und 35 Jahren leidet unter den Folgen der Pandemie. Studien belegen, dass sie noch stärker belastet sind als männliche Gleichaltrige. Sie berichten von Überforderung, Zukunftsängsten und Vereinsamung. Laut dem deutschen Jugendinstitut beschreiben 35 Prozent der Mädchen zwischen 16 und 19 Jahren depressive Symptome, bei den Jungen sind es 15 Prozent.
Der IN VIA-Verband in Paderborn beispielsweise unterstützt Schülerinnen, die in der Pandemie den Anschluss in der Schule verloren und sich zurückgezogen haben, mit dem Projekt „Reset!!! Lernlust statt Schulfrust“. Der Verband hat zudem Praktikumsplätze für benachteiligte junge Frauen in seinem IN VIA-Lädchen eingerichtet, da ein Praktikum in vielen Betrieben nach wie vor nicht möglich ist.
Katrin Keller, Vorsitzende von IN VIA Deutschland, kritisiert, dass wichtige Angebote fehlen. „Aktuell stehen an vielen Schulen keine Berufsorientierungsangebote mehr zur Verfügung. Das muss sich dringend ändern! Zudem sind Mädchentreffs, die eine wichtige Funktion für die Identitätsentwicklung und das Miteinander der Mädchen innehaben, chronisch unterfinanziert. Hier braucht es eine infrastrukturelle Förderung durch die Kommunen.“
Mit Hilfe von Spenden für Women4Youth hat der Hildegardis-Verein einen Chancentag für Schülerinnen konzipiert und sehr erfolgreich durchgeführt. Im Dezember 2021 trafen unter dem Motto „Studyconnect: Mit Mut ins Studium trotz Corona“ Schülerinnen der Abschlussklassen mit Studentinnen zusammen. Sie konnten in Speed-Datings alle Fragen ansprechen. Die Studentinnen erzählten in sogenannten Fuck-Up-Stories sehr persönlich von Phasen des Scheiterns und was ihnen bei einem Neuanfang geholfen hat. Letztlich haben alle Anwesenden von dieser Offenheit in dem geschützten Raum profitiert. „Beide – Schülerinnen und Studentinnen – haben unseren Chancentag ermutigt und gestärkt verlassen“, würdigt Hannah Schepers, stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, den Chancentag.
Schepers vom Hildegardis-Verein wirbt für Women4Youth: „Junge Frauen sind von den Auswirkungen der Corona-Pandemie massiv betroffen: Die starken Einschränkungen im Schulleben, Studium, Berufseinstieg und Alltag belasten junge Frauen sehr und sorgen dafür, dass sie auf ihrem Bildungsweg ausgebremst werden. Mit Ihrer Spende können Sie dazu beitragen, jungen Frauen Mut für die Zukunft zu machen und Ihnen neue Perspektiven zu eröffnen.“
Auf der Webseite www.women4youth.de gibt es Informationen zu dem Projekt. Wer mit einer Spende dazu beitragen möchte, dass Berufsorientierungs- und Chancentage sowie Patinnen-Programme für möglichst viele junge Frauen stattfinden, kann unter Angabe von Projekt Women4Youth spenden an:
Hildegardis-Verein e.V., IBAN: DE06 3702 0500 0001 7791 01, BIC: BFSWDE33XXX.