„Frauen mit Behinderung sind am Arbeitsmarkt von Diskriminierung betroffen“

Hildegardis-Verein begrüßt aktuelle Aktion-Mensch-Studie – neues Projekt bringt Studentinnen mit Behinderung mit Unternehmen zusammen

Bonn, 08.03.2021 Zum Weltfrauentag erinnert der Hildegardis-Verein an die Lage von hochqualifizierten Frauen mit Behinderung auf Arbeitssuche. „Aus unseren Projekten berichten Studentinnen, Absolventinnen und Akademikerinnen mit Behinderung seit Jahren, dass sich der Übergang ins Berufsleben oftmals sehr schwierig gestaltet,“ sagte die stellvertretende Vorsitzende des Hildegardis-Vereins, Dr. Hannah Schepers. „Die neue Studie der Aktion Mensch zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Teilhabe am Erwerbsleben belegt nun unsere Erfahrungen mit Zahlen: Frauen mit Behinderung sind am Arbeitsmarkt von Diskriminierung betroffen.“ Der Hildegardis-Verein begrüße die Erhebung der Aktion Mensch und werde sich mit seinen Projekten weiterhin für Inklusion an Hochschulen und in der Arbeitswelt einsetzen.

Der Hildegardis-Verein führt aktuell zwei Projekte durch, die auf den (Wieder-)Einstieg von Frauen mit Behinderung mit Hochschulabschluss in die Arbeitswelt zielen: Beim Mentoringprogramm „iXNet – inklusives Expert*innen Netzwerk“ stand die erste Gruppe des 2019 gestarteten Mentorings ausschließlich Akademikerinnen offen, um der beobachteten doppelten Benachteiligung von Frauen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen. Ein aktuelles neues Projekt bringt junge Frauen mit Behinderung mit ihren potenziellen Arbeitgeber*innen zusammen: In den kommenden Wochen organisiert der Hildegardis-Verein einen Bewerbungstag für Studentinnen mit Behinderung und Unternehmen. Geplant sind unter anderem ein Speed-Dating und spezielle Trainings für die Unternehmensseite und für die Absolventinnen und Studentinnen. „Wir möchten die jungen Frauen dabei unterstützen, eine Beschäftigung zu finden, die ihren Qualifikationen entspricht. Und wir möchten Arbeitgeber*innen zeigen: Absolventinnen mit Beeinträchtigungen sind ein Gewinn für die Unternehmen,“ sagt Schepers. Der Bewerbungstag wird von der Aktion Mensch gefördert.

Am Montag hat die Aktion Mensch die repräsentative Erhebung „Situation von Frauen mit Schwerbehinderung am Arbeitsmarkt – Studie zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Teilhabe am Erwerbsleben“ veröffentlicht. Demnach sind Frauen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt von doppelter Diskriminierung betroffen: Sie bilden das Schlusslicht bei Lohn sowie Vollzeit- und Führungspositionen und sind durch Haushalts- und Familienaufgaben besonders belastet. Im Durchschnitt verdienen weibliche Erwerbstätige mit Behinderung 667 Euro netto weniger pro Monat als Männer mit Behinderung. In Bewerbungsprozessen hat sich etwa die Hälfte aller Frauen mit Behinderung diskriminiert gefühlt und geht davon aus, aufgrund ihrer Behinderung auch seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen zu werden. Gerade einmal jede Zehnte arbeitet in einer leitenden Position – und das, obwohl sie stärker motiviert sind, in ihrer Karriere voranzukommen, als Männer mit Behinderung und ähnlich stark wie Frauen und Männer ohne Behinderung. Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen mit Behinderung beklagt zudem Stress etwa durch den zunehmenden Konkurrenz- und Leistungsdruck und die Sorge, den errungenen Arbeitsplatz wieder zu verlieren. Grundlage der 84-Seiten starken Studie ist ein erstmaliger systematischer Vergleich der Erwerbssituation von Frauen und Männern mit und ohne Schwerbehinderung.

Der Hildegardis-Verein hatte im Europäischen Jahr der Chancengleichheit 2007 erstmals in Deutschland den spezifischen Förderbedarf von Studentinnen mit Behinderung ermittelt. Auf Grundlage dieser Machbarkeitsstudie führte er von 2008 bis 2013 das bundesweit erste Mentoring-Programm für 60 Studentinnen mit Behinderung durch. Es folgten weitere Projekte zur gendergerechten Inklusion an Hochschulen und zum Einstieg von Akademikerinnen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt. Der Hildegardis-Verein fördert seit seiner Gründung 1907 Frauen auf ihrem Weg zu akademischer Bildung und beruflicher Qualifizierung.

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