Juni 2019
"Wenn wir der Kirche Auftrieb verschaffen wollen, dann müssen wir die Frauen stärken"
Abschluss des Mentoring-Programms für 33 Frauen
Bamberg/Bonn, 26.06.2019 Mehr als 30 Frauen aus 14 (Erz-)Bistümern, zwei Caritasverbänden und dem Hilfswerk Misereor haben in diesen Tagen das einjährige Mentoring-Programm zur Steigerung des Anteils von Frauen in Leitungspositionen erfolgreich beendet: Am Mittwoch (26. Juni 2019) ging in Bamberg das dreitägige Abschlussseminar für die 17 Mentees zu Ende. Eine Woche zuvor fand das Abschlussseminar für 16 Frauen einer weiteren Gruppe in Siegburg statt. Vertreter der jeweiligen Bistumsleitungen nahmen an beiden Veranstaltungen teil.
„Das Thema Frauen in Leitungsämtern auszublenden, wird künftig nicht mehr möglich sein, wenn es um die Besetzung von Führungspositionen in Ordinariaten, kirchlichen Verbänden und Hilfswerken sowie der Caritas geht“, sagte Weihbischof Herwig Gössl (Bamberg). Das bei der jüngsten Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz erklärte Ziel, mindestens ein Drittel der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen, wäre ohne den Hildegardis-Verein und sein Mentoring-Programm nicht zu erreichen, fügte er hinzu. Aber nicht alle der unterschiedlichen Ziele des Programms seien in gleicher Weise erreicht worden: „Vor allem mit Blick auf die Erhöhung des Frauenanteils in Leitungspositionen ist, wenn ich in unser Bistum blicke, noch Luft nach oben.“
Weihbischof Gössl erinnerte daran, dass es in katholischen Jugendverbänden seit Längerem üblich ist, Leitungsämter paritätisch zu besetzen. Die dabei gewonnenen Erfahrungen seien grundsätzlich positiv. „Es ist zu überlegen, wie in ähnlicher Weise paritätische Führungsmodelle auf verschiedenen kirchlichen Ebenen etabliert werden können – in einigen Diözesen wird bereits daran gearbeitet“, betonte er. Es sei wichtig, „mit Mut und Zuversicht“ weiter an der Umsetzung der Ziele zu arbeiten.
Ein Highlight der dreitägigen Veranstaltung war die Präsentation der innovativen Projekte, die die Mentees im Laufe des Mentoring-Jahres in ihrem Arbeitsumfeld entwickelt und umgesetzt haben. Diese Projekte wirkten in den Bistümern und darüber hinaus, sagte die Geschäftsführerin des Hildegardis-Vereins, Birgit Mock: „Mit ihnen haben die Frauen auf Bedarfe und Veränderungen in ihren Organisationen reagiert und Verantwortung übernommen.“ Behandelt wurden so unterschiedliche Themen wie die bistumsweite strategische Aufarbeitung der Missbrauchs-Studie, die Optimierung von Datenbanken und Arbeitsabläufen in Stiftungen sowie eine zielführendere Werbung für die Berufe der Kirche.
Am Dienstag (25. Juni 2019) feierte Domkapitular Norbert Jung mit den Mentees und ihren Mentorinnen und Mentoren eine Messe. Jung wandelte in seiner Predigt ein Zitat aus Melinda Gates‘ jüngst erschienenem Buch über die Stärkung der Rechte von Frauen auf die Kirche um: „Wenn wir der Kirche Auftrieb verschaffen wollen, dann müssen wir die Frauen stärken. Es ist dies das umfassendste und wirksamste Investment mit der größten Hebelwirkung, das wir in der Kirche tätigen können.“
Zum Abschluss des Treffens signalisierten Mentees und Mentorinnen, dass sie das Programm „Kirche im Mentoring“ weiter fortgeführt und in ihren Bistümern nachgearbeitet wissen wollen: Es sei nicht damit getan, sich Frauenförderung medienwirksam auf die Fahnen zu schreiben, sagte Katharina Jestaedt, stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros in Berlin und Mentorin. „Das Thema müsste flächendeckend in den kirchlichen Verwaltungen implementiert werden, damit eine nachhaltige Wirkung erzielt werden kann.“ Christiane Dietz, Referentin für Fort- und Weiterbildung im Erzbistum Paderborn und Mentorin, fügte hinzu: „Ich wünsche mir, dass mein Erzbistum und auch die anderen Bistümer mit den Frauen, die das Mentoring-Programm absolviert haben, im Dialog bleiben. Personalentwicklungsgespräche mit den Absolventinnen sind notwendig, um ihnen Perspektiven innerhalb des Bistums aufzuzeigen.“
Eine der Mentees, Dr. Christiane Bongartz, Direktorin der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen, richtete sich mit einem Wunsch direkt an die geweihten Männer innerhalb der Kirche: „Sprechen Sie überall, wo es geht, über Rechte von Frauen in der Kirche und kämpfen Sie für Gleichberechtigung.“
Zahlen und Daten zum zweiten Durchgang
Nach dem erfolgreichen ersten Durchgang von „Kirche im Mentoring“ wurde der zweite Durchgang von 2018 bis 2020 aufgrund der hohen Nachfrage seitens der (Erz-)Bistümer in drei Gruppen aufgeteilt, von denen zwei in den vergangenen zwei Wochen zu Ende gegangen sind; die dritte Gruppe startet vom 8. bis 10. Juli 2019 in München in das Mentoring-Jahr. Die 17 Mentees der einen Gruppe kommen aus den (Erz-)Bistümern Aachen (3), Augsburg (2), Bamberg (2), Caritasverband Berlin (2), Limburg (2), München und Freising (3) und Paderborn (2) sowie dem Hilfswerk Misereor (1). Die 16 Mentees der anderen Gruppe, deren Abschluss am 19. Juni 2019 in Siegburg stattfand, wurden von den (Erz-)Bistümern Dresden-Meißen (3), Essen (4), Köln (2), Münster (2), Osnabrück (1), Freiburg (2) und dem Caritasverband Würzburg (2) entsandt.
Inklusion an Hochschulen umsetzen – praktisch, einfach und mit Spaß
Am 5. Juni fand an der Universität Leipzig der inklusive Sport- und Aktionstag “Was uns bewegt” statt. Ein Paradebeispiel dafür, wie Inklusion niederschwellig und mit Spaß gelebt werden kann. Das Fachkolleg „Inklusion an Hochschulen – gendergerecht“ war dabei.
Ob „Erfolgreich bei den Special Olympics“, Blindenfußball-Torschießen oder ein Workshop zur barrierefreien Gestaltung von Social-Media-Beiträgen: Eine große Vielfalt an sportlichen Aktionen sowie Fortbildungen und Beratung wurden am Mittwoch beim Hochschulaktionstag Inklusion der Universität Leipzig angeboten. Grund genug für das Fachkolleg „Inklusion an Hochschulen – gendergerecht“ um dabei zu sein. Laut Georg Teichert, dem Gleichstellungsbeauftragten der Universität Leipzig, will der Hochschulaktionstag dazu beitragen, dass „ein barrierefreies Miteinander zum gelebten Alltag“ werde.
Neben inklusiven sportlichen Aktivitäten wie Rollstuhl-Parcours, Towel-Volleyball und einer „Inclusive Games Station“ konnten die Teilnehmer*innen ihre Sinne schärfen im „inklusiven Schulgarten“. Oder sie testeten bei der Mitmach-Ausstellung „Behindern verhindern - Zeit für barrierefreies Handeln“, wie sich manche Einschränkungen anfühlen. Für den Kopf gab es Schnupperkurse in Gebärdensprache und Workshops etwa zu den Themen Stressbewältigung und Unterstützung bei psychischen Beeinträchtigungen im Studium und am Arbeitsplatz. In der Ernst-Gruber-Halle konnten am Vormittag Mitarbeiter*innen der Uni in der „Ulympiade“ gegeneinander antreten; am Nachmittag hieß es für alle Interessierten auf drei Sportfeldern „Let’s move“. Neben dem offensichtlichen Spaß, den die Sporttreibenden dabei hatten, nahmen viele den Nebeneffekt dankbar an, dass sie so der gleißenden Sonne entfliehen konnten.
Nicht nur Studierende mit und ohne Beeinträchtigung waren die Zielgruppe der Aktionstags: Einige Programmpunkte schlossen auch Kinder als Teilnehmer*innen ein oder richteten sich gezielt an Führungskräfte („Gesund sein. Gesund führen“). Zu den externen Gästen zählten Athlet*innen der Special Olympics Deutschland und Vertreterinnen des Büros für Menschen mit Behinderung der Cracow University of Economics. Für den internationalen Austausch unter Expert*innen aus dem Bereich Inklusion an Hochschulen sorgte ein gemeinsames Arbeitsessen in der Mensa. Die Krakauer Hochschule holte sich vom Leipziger Gleichstellungsbüro und vom Hildegardis-Verein Expertise zum Bereich Inklusion ein, um die eigene Arbeit auf dem Gebiet weiter zu entwickeln.
Auf dem „Markt der Möglichkeiten“ stellten sich Beratungs- und Informationsangebote der Uni, der Stadt Leipzig und aus der Region vor. Mittendrin war auch das Fachkolleg, das über die Biografiezirkel für Studentinnen mit Beeinträchtigung informierte und betonte, wie wichtig die Vernetzung von Diversity- und Gleichstellungsbüros sowie Behindertenbeauftragten innerhalb der Hochschullandschaft sei. Das Fachkolleg ruft alle Hochschulen dazu auf, es über ihre besten Inklusions-Maßnahmen zu informieren, und zeichnet herausragende Best-Practice-Beispiele (siehe Info unten) aus.
„Nicht zuletzt als Modellstandort im Fachkolleg ist sich die Universität Leipzig bewusst, dass Teilhabe vielfältige Dimensionen hat“ sagte Teichert. „Unbeabsichtigte Vorurteile und Benachteiligungen haben oft mehr als einen Grund – darauf wollten wir auch am Aktionstag wieder universitätsweit aufmerksam machen.“ Auf die Zukunft gerichtet sagt der Gleichstellungsbeauftragte: „Unser Anspruch ist, dass so ein inklusiver Aktionstag ein wirklich hochschulweites Format wird“. Teichert äußerte den Wunsch, dass die Exkursion dem Fachkolleg vielfältige Impulse gibt und einmal mehr zeigt, dass die Herausforderung Inklusion gemeinsam schaffbar ist. Fachkolleg-Projektkoordinatorin Melanie Peschek sieht dieses Anliegen gelungen: „Die angebotenen Programmpunkte waren von hoher Qualität und sehr vielfältig. Wir sind inspiriert von den vielen Angeboten und von der Erfahrung, mit welcher Leichtigkeit Inklusion gelebt werden kann“, lautet ihr Fazit.
Der Hildegardis-Verein konnte das Format als Best-Practice-Beispiel kennenlernen und kann nun den anderen Modellstandorten des Fachkollegs sowie weiteren Hochschulen von den Erfahrungen berichten. Er möchte gemeinsam mit den Hochschulen daran arbeiten, dass das Thema Inklusion stückweise immer mehr zum Universitätsalltag wird und die immer noch vorhandenen Barrieren in den Köpfen abgebaut werden.